Vorletzte Woche habe ich einigen Abiturienten einen detaillierten Einblick in meine persönliche Lebensgeschichte gegeben. Im Anschluss gab es noch eine Fragerunde. Dabei meldete sich auch ein Lehrer zu Wort. Er sagte: „Meine Erkenntnis heute ist, dass Worte unglaubliche Macht haben. Sie haben Macht, großes Unheil anzurichten – wie bei Ihnen geschehen, oder sie können auch ganz viel Positives bewirken, wenn sie ermutigen, aufbauen oder bestärken.“
Worte haben Macht. Bei mir waren es zwei Aussagen von verschiedenen Personen an ein und demselben Tag: “Du hast ganz schön zugelegt! Deine Kleidung ist ganz schön eng geworden – kauf dir mal was Neues!” Im Teenageralter hatte ich kaum Selbstwertgefühl, wusste ich nicht, wer ich bin und war ich auf der Suche nach meiner Identität. Während andere sich nichts aus diesen ausgesprochenen Worten gemacht hätten, waren sie bei mir der erste Auslöser einer folgenschweren Entscheidung: Ich würde abnehmen, bis ich dünn genug sei. Damit begann meine Abwärtsspirale und ein jahrelanger Kampf gegen meine Essstörung.
Worte haben Macht. So leicht rutschen uns unüberlegt Worte über die Lippen, die wir hinterher bereuen und gern unausgesprochen machen würden, zum Beispiel gegenüber unseren Kindern oder einer Freundin. Unsere Worte haben so viel Potential Schaden anzurichten, zu entmutigen, zu verletzen oder eben auch folgenschwere Entscheidungen in Gang zu bringen, von denen wir zunächst nichts ahnen.
Worte haben Macht. Manchmal ist es einfach nur weise, den Mund zu halten, bevor wir damit Unheil anrichten.
Worte haben Macht. Wir können mit ermutigenden Worten unsere Kinder für die Zukunft stärken und ausrüsten. Wir können eine Mutmacherin sein. Auch uns Erwachsenen tut ein Lob, eine Ermutigung oder ein Kompliment gut. Wir können andere Menschen ermutigen, stärken und ihr Herz berühren. Wir können sie im Namen segnen und gute Gedanken und Worte über sie aussprechen.
Als der Lehrer sein Fazit aus meiner Geschichte zog, fiel mir der Vers aus Sprüche 18,21 ein:
„Worte haben Macht über Leben und Tod, und wer achtsam mit ihnen umgeht, kann ihre guten Früchte genießen.“ Und es gibt noch einige weitere Verse in den Sprüchen, in denen deutlich wird, was unsere Zunge ausrichten kann, sowohl im Positiven als auch im Negativen: „Manch ein Schwätzer ist verletzend wie ein Schwert, aber die Worte weiser Menschen heilen Wunden.“ (Sprüche 12,18). „Ein Mensch, der Gott gehorcht, empfängt seinen Segen. Doch wer gottlos daherredet, erntet für seine Worte nichts als Gewalt.“ (Sprüche 10,6). „Sorgen drücken einen Menschen nieder, aber freundliche Worte richten ihn wieder auf.“ (Sprüche 12,25).
Worte haben Macht. Ich möchte mich immer wieder dafür entscheiden, bewusst Worte des Lebens, der Ermutigung und der Stärkung über andere Menschen auszusprechen. Und wo mir unüberlegt ein schlechtes, verletzendes oder entmutigendes Wort über die Lippen gekommen ist und ich das erkenne, will ich auf die Person zugehen und mich entschuldigen.
Welche Worte möchtest du über deine Mitmenschen aussprechen?
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